Alles was Sie wissen müssen!
Alles rundum Pflegegrade
Inhaltsverzeichnis
Was ist ein Pflegegrad?
Ein Überblick für Angehörige und Betroffene in einer neuen Pflegesituation
Wenn plötzlich ein Pflegefall eintritt – sei es nach einem Unfall, einer Krankheit oder im Alter – sehen sich Betroffene und Angehörige oft mit einer Vielzahl an Fragen konfrontiert. Ein zentrales Thema dabei: Was genau ist ein Pflegegrad – und warum ist er so wichtig?
Definition: Pflegegrad einfach erklärt
Ein Pflegegrad beschreibt den Grad der Selbstständigkeit einer Person im Alltag und damit den Umfang der Unterstützung, den sie benötigt. Im Gegensatz zum früheren System der „Pflegestufen“, bei dem die benötigte Pflegezeit entscheidend war, richtet sich die Einstufung heute nach den tatsächlichen körperlichen, geistigen und psychischen Einschränkungen einer Person.
Seit der Pflegereform 2017 gibt es fünf Pflegegrade – von Pflegegrad 1 (geringe Beeinträchtigung) bis Pflegegrad 5 (schwerste Beeinträchtigung mit besonderem Pflegebedarf). Sie dienen als Grundlage für sämtliche Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung – also zum Beispiel für:
Pflegegeld (bei häuslicher Pflege durch Angehörige),
Pflegesachleistungen (bei professioneller ambulanter Pflege),
Zuschüsse für Pflegehilfsmittel,
Wohnraumanpassung,
oder teilstationäre und vollstationäre Pflegeangebote.
Warum ist ein Pflegegrad so wichtig?
Der Pflegegrad ist der Zugangsschlüssel zu Unterstützung – sowohl finanziell als auch organisatorisch. Nur mit einem anerkannten Pflegegrad besteht ein Rechtsanspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung. Das macht ihn gerade für Angehörige, die plötzlich Pflege organisieren müssen, so bedeutsam:
Er schafft Planungssicherheit für den Pflegealltag.
Er hilft, Kosten zu decken, die durch Pflege entstehen.
Er ermöglicht Zugang zu Beratung, Entlastung und Hilfsmitteln.
Er ist Voraussetzung für Pflegeurlaub, Pflegezeit oder Pflegeunterstützungsgeld.
Wer bekommt einen Pflegegrad?
Ein Pflegegrad wird nicht automatisch vergeben, sondern muss beantragt werden. Zuständig ist die Pflegekasse, die der Krankenkasse angeschlossen ist. Nach Antragstellung beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (MD) oder bei Privatversicherten MEDICPROOF, eine Begutachtung durchzuführen. Ziel dieser Begutachtung ist es, zu klären:
Welche Fähigkeiten sind noch vorhanden?
Wo besteht Unterstützungsbedarf im Alltag?
Wie stark ist die Selbstständigkeit eingeschränkt?
Die Einstufung erfolgt auf Basis eines systematischen Punktesystems. Die Punktevergabe erfolgt in sechs Lebensbereichen (z. B. Mobilität, Selbstversorgung, Umgang mit Krankheiten). Aus der Gesamtbewertung ergibt sich der Pflegegrad.
Wichtig: Pflegegrad ≠ Diagnose
Ein Pflegegrad sagt nichts über eine bestimmte Erkrankung aus – er misst, wie sehr die Selbstständigkeit im Alltag beeinträchtigt ist. Deshalb können Menschen mit völlig unterschiedlichen Diagnosen (z. B. Demenz, Parkinson, Schlaganfall oder Depression) den gleichen Pflegegrad erhalten, wenn ihr Unterstützungsbedarf vergleichbar ist.
Für wen ist das relevant?
Für ältere Menschen, deren Alltag zunehmend beschwerlich wird.
Für Menschen mit chronischen oder psychischen Erkrankungen, die nicht mehr alles alleine schaffen.
Für Angehörige, die plötzlich Pflege organisieren und finanzielle Entlastung brauchen.
Für Pflegepersonen, die sich absichern und Unterstützung holen möchten.
Ein Pflegegrad ist der erste und wichtigste Schritt, um Pflege gut zu organisieren – ob zu Hause, mit einem Pflegedienst oder in einer Einrichtung. Er eröffnet den Zugang zu Leistungen, Beratung und Entlastung und ist für Betroffene wie Angehörige ein zentrales Instrument zur Sicherstellung von Pflege und Lebensqualität.
Eine gerechtere Einschätzung zur Pflege!
Pflegestufe wird Pflegegrad
Bis Ende 2016 wurde der Pflegebedarf in Deutschland in drei Pflegestufen unterteilt. Die Einstufung basierte vor allem auf dem täglichen Zeitaufwand für die Pflege – also etwa, wie viele Minuten pro Tag für Hilfe beim Waschen, Anziehen oder bei der Ernährung nötig waren.
Doch dieses System hatte große Schwächen – insbesondere für Menschen mit kognitiven oder psychischen Einschränkungen wie z. B. Demenz: Sie waren körperlich oft noch recht selbstständig, benötigten aber dennoch viel Betreuung – und erhielten nach dem alten Modell nur geringe oder gar keine Leistungen.
Problem: Fehlende Berücksichtigung von Betreuung
Wer geistig oder psychisch beeinträchtigt war, fiel im alten System oft durchs Raster. Viele Betroffene – etwa mit Alzheimer oder anderen Demenzformen – erhielten nur die sogenannte Pflegestufe 0, die kaum finanzielle Unterstützung vorsah. Es fehlte ein Instrument, das den tatsächlichen Unterstützungsbedarf realistisch abbildete.
✅ Die Reform 2017: Einführung der Pflegegrade
Mit dem Zweiten Pflegestärkungsgesetz (PSG II) wurde zum 1. Januar 2017 das alte Pflegestufensystem durch die neuen Pflegegrade 1 bis 5 ersetzt. Ein monumental wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die zentrale Neuerung:
„Nicht mehr der Pflegezeitaufwand zählt – sondern der Grad der Selbstständigkeit.“
Das heutige System bewertet Einschränkungen in sechs Lebensbereichen, darunter Mobilität, Selbstversorgung, Alltagskompetenz und der Umgang mit Therapien. Damit werden körperliche, geistige und psychische Einschränkungen erstmals gleichgestellt.
Automatische Überleitung: So wurden Pflegestufen zu Pflegegraden
Zum Stichtag 01.01.2017 wurden alle damals bereits eingestuften Pflegebedürftigen automatisch in einen passenden Pflegegrad überführt – je nachdem, ob zusätzlich eine eingeschränkte Alltagskompetenz (z. B. bei Demenz) vorlag oder nicht. Als Alltagskompetenz wird die Fähigkeit, Aufgaben des täglichen Lebens selbstständig und eigenverantwortlich zu bewältigen
| Alte Pflegestufe | ohne Alltagskompetenz | mit Alltagskompetenz |
|---|---|---|
| Pflegestufe 0 | – | Pflegegrad 2 |
| Pflegestufe 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 |
| Pflegestufe 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 |
| Pflegestufe 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 |
| Härtefall | Pflegegrad 5 | Pflegegrad 5 |
Ein gerechteres & besseres System
Die Umstellung war ein wichtiger Schritt in Richtung Chancengleichheit für alle Pflegebedürftigen – egal ob die Ursache körperlicher, geistiger oder psychischer Natur ist. Seitdem gilt:
Jeder Mensch wird individuell und ganzheitlich beurteilt.
Nicht die Pflegezeit entscheidet, sondern der Grad der Alltagskompetenz.
Angehörige werden entlastet, weil der tatsächliche Bedarf besser abgebildet wird.
Die Einführung der Pflegegrade hat das Pflegesystem in Deutschland gerechter gemacht. Vor allem Menschen mit Demenz und psychischen Erkrankungen erhalten heute eine umfassendere Unterstützung. Wer neu pflegebedürftig wird, sollte sich frühzeitig über den richtigen Pflegegrad informieren – denn er bildet die Grundlage für alle weiteren Leistungen.
Aus Minuten wird Selbstständigkeit!
Pflegebedürftigkeit heute
Der neue Pflegebedürftigkeitsbegriff seit 2017
Mit der Reform der Pflegeversicherung zum 1. Januar 2017 wurde auch die Definition von Pflegebedürftigkeit grundlegend verändert. Statt wie früher den Pflegebedarf nach Minuten zu bemessen, richtet sich die Einschätzung heute nach der Selbstständigkeit einer Person im Alltag – unabhängig davon, ob Einschränkungen körperlicher, geistiger oder psychischer Natur sind.
📌 Pflegebedürftig ist laut § 14 SGB XI,
„…wer gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb der Hilfe durch andere bedarf […]. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, bestehen.“
Heute:
Ganzheitlicher Blick auf die Person
Fokus auf Selbstständigkeit & Alltagskompetenz
Geistige & psychische Einschränkungen gleichberechtigt berücksichtigt
Früher:
Fokus auf körperliche Einschränkungen
Zeitaufwand für Pflege als Maßstab
Demenzkranke oft benachteiligt
Wie wird Pflegebedürftigkeit nun ermittelt?
Die Pflegebedürftigkeit wird durch den Medizinischen Dienst (MD) oder MEDICPROOF (bei Privatversicherten) anhand eines strukturierten Prüfverfahrens festgestellt. Dabei werden die Fähigkeiten und Einschränkungen einer Person in sechs Lebensbereichen (Modulen) begutachtet:
| Modul | Lebensbereich | Einfluss auf Bewertung |
|---|---|---|
| 🧼 Modul 4 | Selbstversorgung (z. B. Körperpflege, Essen, Ankleiden) | 40 % |
| 💊 Modul 5 | Umgang mit Krankheiten und Therapien (z. B. Medikamente, Arzttermine) | 20 % |
| 🧠 Modul 2 + 3 | Kognition & psychische Verhaltensweisen (z. B. Orientierung, Ängste, Unruhe) | 15 % |
| 🏡 Modul 6 | Alltagsleben & soziale Kontakte (z. B. Tagesstruktur, Gespräche, Hobbys) | 15 % |
| 🚶 Modul 1 | Mobilität (z. B. Treppensteigen, Aufstehen, Fortbewegung) | 10 % |
Beispielhafte Kriterien aus den Modulen:
Modul 1 (Mobilität): Kann sich die Person ohne Hilfe im Wohnbereich bewegen?
Modul 2 (Kognition): Erkennt sie bekannte Personen und Orte?
Modul 3 (Psychisches Verhalten): Gibt es nächtliche Unruhe oder Ängste?
Modul 4 (Selbstversorgung): Kann sie sich eigenständig waschen oder anziehen?
Modul 5 (Krankheitsumgang): Benötigt sie Hilfe bei Medikamenten oder Injektionen?
Modul 6 (Alltagsgestaltung): Ist sie in der Lage, Gespräche zu führen oder Aufgaben zu planen?
Warum ist das wichtig?
Wer heute einen Pflegegrad beantragt, muss wissen:
Es geht nicht mehr nur um körperliche Pflege, sondern darum, wie selbstständig der Alltag bewältigt werden kann. Das bedeutet auch:
Pflegebedürftigkeit kann sich verändern – und ein Antrag auf Höherstufung ist möglich.
Die individuelle Lebenssituation steht im Mittelpunkt.
Auch bei psychischen Belastungen gibt es berechtigte Ansprüche.
Der Pflegebedürftigkeitsbegriff wurde mit dem neuen System fairer, umfassender und realistischer gestaltet. Die individuelle Selbstständigkeit entscheidet – nicht Pflegezeit, sondern Lebensqualität.
Eine Schritt für Schritt Anleitung!
Pflegegrad ermitteln lassen
Der Begutachtungsprozess im Überblick
Damit Leistungen aus der Pflegeversicherung gewährt werden können, muss zunächst ein Pflegegrad offiziell festgestellt werden. Das geschieht durch ein Begutachtungsverfahren – für gesetzlich Versicherte durch den Medizinischen Dienst (MD), bei privat Versicherten durch MEDICPROOF.
📞 Schritt 1: Antrag auf Pflegegrad stellen
Bevor es zur Begutachtung kommt, muss ein formloser Antrag bei der zuständigen Pflegekasse gestellt werden – schriftlich, telefonisch oder per E-Mail. Wichtig:
Das Antragsdatum zählt für den Beginn der Leistungsansprüche.
Der Antrag kann auch von Angehörigen oder Betreuern gestellt werden.
Innerhalb von 14 Tagen sollte die Pflegekasse einen Beratungstermin anbieten.
⚕️ Schritt 2: Besuch durch den Medizinischen Dienst
Nach Antragstellung kündigt sich der MD zu einem Hausbesuch an – in der Regel innerhalb weniger Wochen. Dabei prüft ein:e Gutachter:in, wie selbstständig der/die Pflegebedürftige in verschiedenen Lebensbereichen noch ist. Das Gespräch findet im Idealfall gemeinsam mit Angehörigen statt.
💡 Tipp: Vor dem Besuch kann ein Pflegetagebuch helfen, den tatsächlichen Unterstützungsbedarf realistisch zu dokumentieren.
🔍 Schritt 3: Prüfung nach dem Neuen Begutachtungsassessment (NBA)
Bei der Begutachtung kommt ein bundesweit einheitliches Bewertungsverfahren zum Einsatz:
das Neue Begutachtungsassessment. Es berücksichtigt Einschränkungen in sechs Modulen – wie bereits in Abschnitt 3 beschrieben.
📋 Die Gutachter:innen gehen dabei detailliert und systematisch vor:
Fragen zur Mobilität, Kommunikation, Selbstversorgung usw.
Beobachtungen des Verhaltens im Alltag
Einbeziehung von Pflegepersonen, Arztbriefen und Medikamentenplänen
🧮 Schritt 4: Punktesystem & Pflegegrad-Zuordnung
Aus der Bewertung ergibt sich eine Gesamtpunktzahl zwischen 0 und 100. Je nach Punktwert wird ein Pflegegrad zugewiesen:
| Pflegegrad | Punktwert | Beschreibung |
|---|---|---|
| Pflegegrad 1 | 12,5 – 26 | Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit |
| Pflegegrad 2 | 27 – 47 | Erhebliche Beeinträchtigung |
| Pflegegrad 3 | 47,5 – 69 | Schwere Beeinträchtigung |
| Pflegegrad 4 | 70 – 89 | Schwerste Beeinträchtigung |
| Pflegegrad 5 | 90 – 100 | Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen an die Pflege |
Hinweis: Der Gutachtensbescheid wird der Pflegekasse übermittelt, die daraufhin eine offizielle Mitteilung an die Antragsteller:innen sendet.
Und wenn sich etwas verändert?
Pflegebedürftigkeit ist kein statischer Zustand. Wenn sich der Gesundheitszustand verschlechtert, kann jederzeit eine Höherstufung des Pflegegrads beantragt werden. Dazu reicht ein formloser Antrag bei der Pflegekasse – ein neues Gutachten wird dann erneut erstellt.
Die Pflegegrad-Ermittlung ist der Schlüssel zur Unterstützung durch die Pflegeversicherung. Wer gut vorbereitet in die Begutachtung geht, erhöht die Chancen auf eine gerechte Einstufung – und damit auf bedarfsgerechte Leistungen.
Alle essenziellen Eckpunkte!
Pflegegrad beantragen
So funktioniert’s Schritt für Schritt
Wer pflegebedürftig wird oder Angehörige betreut, steht oft plötzlich vor vielen organisatorischen Fragen. Der wichtigste erste Schritt ist: den Pflegegrad beantragen. Denn nur mit einem anerkannten Pflegegrad haben Betroffene Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung.
1. Zuständige Pflegekasse kontaktieren
Der Antrag wird bei der Pflegekasse gestellt, die der Krankenkasse angegliedert ist. Ein formloses Schreiben, ein Anruf oder eine E-Mail genügt zunächst – wichtig ist das Datum der Antragstellung, da dieses für die rückwirkende Leistungsberechnung zählt.
💡Tipp: Eine schriftliche Antragstellung (per Brief oder E-Mail) ist aus Gründen der Nachweisbarkeit empfehlenswert.
2. Antragsformular ausfüllen
Nach dem ersten Kontakt erhalten Sie ein formelles Antragsformular von der Pflegekasse. Hier werden erste Angaben gemacht – etwa zur pflegebedürftigen Person, zur Pflegesituation und zur gewünschten Versorgungsform (z. B. häusliche Pflege oder Pflegeheim).
➡️ Falls gewünscht, helfen Pflegeberater:innen oder Pflegestützpunkte kostenlos beim Ausfüllen.
3. Begutachtung durch den Medizinischen Dienst (MD / Medicproof)
Sobald der Antrag vorliegt, beauftragt die Pflegekasse den Medizinischen Dienst (bei gesetzlich Versicherten) oder Medicproof (bei Privatversicherten) mit der Begutachtung.
Die Begutachtung erfolgt in der Regel zu Hause oder im Pflegeheim.
Dabei werden die Fähigkeiten in sechs Lebensbereichen systematisch geprüft.
Angehörige sollten unbedingt beim Termin anwesend sein und ggf. ein Pflegetagebuch mitbringen.
4. Pflegegrad-Bescheid erhalten
Nach der Begutachtung erstellt der MD ein Gutachten, das die Pflegekasse als Entscheidungsgrundlage nutzt. Sie erhalten anschließend einen schriftlichen Bescheid über:
den bewilligten Pflegegrad
die konkreten Pflegeleistungen
ggf. Hinweise auf Widerspruchsrecht bei Ablehnung
💡 Wichtig: Die Entscheidung erfolgt meist innerhalb von 25 Arbeitstagen. Ist Eile geboten (z. B. bei Klinikentlassung), kann ein Eilverfahren beantragt werden.
5. Pflegeleistungen auswählen und organisieren
Je nach bewilligtem Pflegegrad können nun Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Pflegehilfsmittel, Entlastungsbetrag u. v. m. beantragt werden. Eine Pflegeberatung hilft bei der individuellen Auswahl und Organisation.
6. Höherstufung beantragen bei steigendem Pflegebedarf
Die gesundheitliche Situation kann sich verändern – etwa durch eine Verschlechterung bei chronischen Erkrankungen oder nach einem Krankenhausaufenthalt. In solchen Fällen ist eine Höherstufung des Pflegegrads möglich:
Auch hier wird ein formloser Antrag bei der Pflegekasse gestellt.
Es folgt eine erneute Begutachtung durch den MD oder Medicproof.
Ein aktualisierter Pflegegrad wird anschließend erneut per Bescheid mitgeteilt.
💡 Tipp: Auch für die Höherstufung lohnt es sich, ein Pflegetagebuch zu führen, um den gestiegenen Unterstützungsbedarf gut zu dokumentieren.
Der Antrag auf einen Pflegegrad ist der Schlüssel zu den Unterstützungsleistungen der Pflegeversicherung. Frühzeitige Beantragung, gute Vorbereitung auf die Begutachtung und die Inanspruchnahme kostenloser Beratung helfen dabei, den passenden Pflegegrad und die richtigen Hilfen zu erhalten.
Erhalten Sie die Unterstützung die Ihnen zusteht!
Leistungen je Pflegegrad
Was Pflegebedürftige erhalten können
Je nach Pflegegrad stehen pflegebedürftigen Personen unterschiedliche Leistungen durch die Pflegeversicherung zu. Diese Leistungen sollen die Versorgung sicherstellen, pflegende Angehörige entlasten und möglichst lange ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen – ob zu Hause, in der Wohngruppe oder stationär.
Grundsätzlich gilt:
Je höher der Pflegegrad, desto umfassender die Unterstützung.
Eine Übersicht zu allen Leistungen
Pflegegrad 1 – Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Pflegebedürftige mit Pflegegrad 1 erhalten zwar kein Pflegegeld oder Pflegesachleistungen, aber sie profitieren von wichtigen Basisleistungen:
✅ 125 €/Monat Entlastungsbetrag
✅ Pflegehilfsmittel zum Verbrauch (z. B. Handschuhe, Desinfektion) – 40 €/Monat
✅ Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen – bis zu 4.000 € einmalig
✅ Pflegeberatung & Pflegekurse
✅ Zugang zu Tages-/Nachtpflege oder Betreuungsangeboten möglich
✅ Zuschuss bei ambulanten Wohngruppen (z. B. 214 €/Monat Wohngruppenzuschlag)
Pflegegrad 2 – Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
Ab diesem Grad erhalten Pflegebedürftige erstmals Geld- oder Sachleistungen für ihre Pflege:
💶 Pflegegeld (bei häuslicher Pflege durch Angehörige): 332 €/Monat
👩⚕️ Pflegesachleistungen (bei ambulanter Pflege): 760 €/Monat
➕ Entlastungsbetrag: 125 €/Monat
➕ Pflegehilfsmittel & Wohnumfeldzuschüsse
🏠 Kombinationspflege (Pflegegeld + Pflegedienst) möglich
🌙 Tages-/Nachtpflege & Kurzzeitpflege bezuschussbar
🏥 Zuschuss zur vollstationären Pflege: 770 €/Monat
Pflegegrad 3 – Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
💶 Pflegegeld: 573 €/Monat
👩⚕️ Pflegesachleistungen: 1.431 €/Monat
🏠 Tages-/Nachtpflege: bis zu 1.431 €/Monat (zusätzlich!)
🧾 Kurzzeitpflege: bis zu 1.774 €/Jahr
➕ Entlastungsbetrag, Hilfsmittel, Wohnanpassung etc.
🏥 Zuschuss zur stationären Pflege: 1.262 €/Monat
Pflegegrad 4 – Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
💶 Pflegegeld: 765 €/Monat
👩⚕️ Pflegesachleistungen: 1.693 €/Monat
➕ Alle anderen Leistungen wie in Pflegegrad 3
🏥 Zuschuss zur stationären Pflege: 1.775 €/Monat
Pflegegrad 5 – Schwerste Beeinträchtigung mit besonderen Anforderungen
💶 Pflegegeld: 947 €/Monat
👩⚕️ Pflegesachleistungen: 2.095 €/Monat
🏥 Zuschuss zur stationären Pflege: 2.005 €/Monat
➕ Weitere Leistungen wie bei Pflegegrad 4
💡 Wichtig: Leistungen wie der Entlastungsbetrag oder die Pflegehilfsmittelpauschale können bei jedem Pflegegrad zusätzlich beansprucht werden.
Kombinationspflege – Das Beste aus beiden Welten
Wenn sowohl Angehörige als auch ein Pflegedienst eingebunden sind, kann das Pflegegeld anteilig mit den Pflegesachleistungen kombiniert werden. Dabei gilt: Der nicht genutzte Anteil an Sachleistungen wird als anteiliges Pflegegeld ausgezahlt.
🧮 Beispiel bei Pflegegrad 3:
Pflegesachleistung: 1.431 € → 70 % genutzt = 1.001,70 €
Pflegegeld: 573 € → 30 % = 171,90 €
➡️ Gesamtsumme: 1.173,60 €
Stationäre Pflege – Zuschüsse nach Pflegegrad
Für die Pflege im Heim übernimmt die Pflegekasse einen festen Betrag, der sich nach dem Pflegegrad richtet. Die übrigen Kosten (z. B. Unterkunft, Verpflegung, Eigenanteil) müssen selbst getragen oder über Sozialhilfe gedeckt werden.
Weitere wichtige Aspekte der Pflege!
Unterstützung & Beratung in der Pflege
Den richtigen Pflegegrad sicher beantragen
Der Antrag auf einen Pflegegrad ist für viele Familien Neuland. Formulare, Fristen und medizinische Begutachtungen wirken oft überfordernd – besonders dann, wenn die Pflegesituation plötzlich eintritt. Umso wichtiger ist es, kompetente Unterstützung in Anspruch zu nehmen.
Pflegeberatung: Kostenlos und gesetzlich verankert
Nach § 7a SGB XI haben Pflegebedürftige und ihre Angehörigen Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung – kostenlos und unabhängig.
Die Pflegeberatung hilft Ihnen bei:
✅ dem Stellen des Antrags auf Pflegegrad
✅ der Vorbereitung auf den Begutachtungstermin
✅ der Auswahl geeigneter Pflegeleistungen
✅ der langfristigen Organisation der Pflege
Sie wird angeboten durch:
Pflegekassen (Pflegeberater:innen telefonisch oder vor Ort)
Pflegestützpunkte (lokale Anlaufstellen)
Ambulante Pflegedienste (teilweise mit Beratungskompetenz)
Online-Plattformen (teilweise kostenpflichtig)
💡 Tipp: Nach Antragstellung auf einen Pflegegrad ist die Pflegekasse verpflichtet, innerhalb von 14 Tagen einen Termin für die Beratung zu vermitteln.
Unterstützung beim Ausfüllen des Pflegeantrags
Der eigentliche Antrag kann formlos gestellt werden – per Brief, Fax oder E-Mail. Doch beim offiziellen Formular kommt es auf Details an. Hier kann eine erfahrene Pflegeberaterin helfen:
Was genau muss ausgefüllt werden?
Welche Angaben sind entscheidend für die Begutachtung?
Welche Leistungen sollen beantragt werden?
Eine gute Beratung vermeidet Fehler, die zu Ablehnungen oder falschen Einstufungen führen können.
Weitere Anlaufstellen für Hilfe und Information:
Sozialverbände wie VdK oder SoVD
Pflegestützpunkte in Ihrer Region
Familienberatungsstellen
Hausärzt:innen oder medizinische Fachkräfte
Viele dieser Stellen bieten persönliche Beratungstermine, auch für Angehörige.